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Was macht ein Henker nach dem Krieg?

Der Name Johann Baptist Reichart (1893–1972) ist nur sehr wenigen Menschen bekannt. Er erlernte den Metzgerberuf. Später wurde er Scharfrichter, d.h. Henker. Pro Hinrichtung bekam er 150 Goldmark, 10 Mark Tagesspesen und die Eisenbahnfahrkarte (3. Klasse; Hin- und Rückfahrt) zum Hinrichtungsort.

Im Laufe der Zeit stieg er auf. Das Kopfgeld wurde durch ein nicht unerhebliches Jahresgehalt ersetzt. Nach 1933 hatte er richtig viel zu tun. 59 Menschen erhängte er. 2.951 Menschen verloren durch ihn mit Hilfe der Guillotine ihr Leben. 3010 Menschen. Darunter auch die Geschwister Hans und Sophie Scholl, die nur 22 bzw. 25 Jahre alt wurden.

Johann Reichart berichtete später von deren Exekution. Er habe noch nie Menschen so gefasst in den Tod gehen sehen wie Hans und Sophie Scholl. Der Gefängnispfarrer überlieferte, dass die Geschwister Scholl Psalm 90 beteten: Gott lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, damit wir klug werden.

Der die Hinrichtung beaufsichtigende Jurist Walter Roemer wechselte nach dem Krieg ins bayrische, später ins Bonner Justizministerium und starb hochbetagt als angesehener Mann.

Johann Reichart wurde nach dem Krieg für die amerikanische Besatzungsmacht tätig: 156 weitere Todesurteile vollstreckte er in deren Auftrag. Danach wollte ihn niemand mehr. Er starb verarmt und verachtet mit 78 Jahren.

1963 taucht er noch einmal aus dem historischen Dunkel auf. Man diskutiert in Deutschland die Wiedereinführung der Todesstrafe. Johann Baptist Reichart lehnt sie ab.

Was macht ein Henker nach dem Krieg?

Wir wissen es nicht. Was die historische Forschung allerdings ans Tageslicht brachte, bestätigt die Erfahrung vieler Menschen: Es gibt immer welche, die profitieren vom Krieg, es gibt immer welche, die „bezahlen“ den Krieg.

Jesus positionierte sich klar und eindeutig:
Töten darfst du nicht!

Ihr Pfarrer Manfred Werner, 08. Mai 2020.
Bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht.
Aber nicht das Ende des Kriegens.


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