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Abendandacht vom 30. August 2020, 17.00 Uhr

Thema: Heilung

Musik, Misty Schaffert

Andacht, Manfred Werner
Heilung des Taubstummen – Markus 7,31–37
Bildbetrachtung über „Der Mensch in Kosmos“, von Hildegard von Bingen


Orgelvorspiel
Vorspiel: Prière à Notre-Dame – Leon Boëllmann (1862–1897)

Heilung – Hildegard von Bingen

„Der Mensch im Kosmos“ ist eine Illustration aus dem Buch:
„Welt und Mensch (De operatione Dei)“ von Hildegard von Bingen. Dieses Buch handelt von der Heilung des Menschen.

Hildegard, die Verfasserin, wurde im Jahre 1098 in der Pfalz geboren und starb 1179, im Alter von 82 Jahren, in Bingen. Mit 8 Jahren kam sie, das 10. Kind ihrer Eltern, in ein Kloster. Sie wurde Benediktinerin, Äbtissin, Dichterin, Komponistin und galt als Universalgelehrte. Neben der Mystik beschäftigte sie sich mit Religion, Medizin, Musik, Ethik und Kosmologie, der Lehre der Zusammenhänge in der Welt.

Sie wurde als Beraterin und Seelsorgerin von vielen bedeutenden und auch weniger bedeutenden Menschen in Anspruch genommen.

Sie predigte, was als Frau damals höchst ungewöhnlich war, auch außerhalb des Klosters. Ab ihrem 50. Lebensjahr erhielt sie die Erlaubnis, ihre Schriften zu veröffentlichen.

Besonders beschäftigte sie sich mit der Heilung des Menschen.


Heilung – Bibeltext – Aus dem Evangelium des Markus: 7,31–37
– In der Übertragung von Walter Jens –

Und ich, Markus, erzähle,
wie er, Jesus,  aus der Gegend von Sidon
über Tyrus zurückkehrte zum galiläischen Meer
ins Land der zehn Städte.

Da brachte sie einen taubstummen Menschen zu ihm
und baten: „Leg ihm die Hand auf.“
Und er nahm ihn beiseite,
führte ihm seine Finger in beide Ohren,
spie in den Mund,
berührte die Zunge mit seinem Speichel,
sah zum Himmel auf,
seufzte und rief:
„Hephatha! Auf! Öffnet euch!“
Und die Ohren öffneten sich,
die Zungensperre wurde zersprengt,
und der Mann fing an zu reden.

Jesus aber befahl ihnen:
„Erzählt es niemanden weiter!“
Aber je mehr er sie bat,
um so lauter erzählten sie, überall, von seinen Taten:
Dieser Mann bringt alles ins Lot:
Hören lässt er die Tauben
und sprechen die Stummen.

Psalm 3 – Wie lange noch?
– In der Übertragung des Münsterschwarzacher Psalters –

Wie lange noch, o EWIGER?
Willst du mich für immer vergessen?
Wie lange noch verbirgst du mir dein Antlitz?

Wie lange noch muss ich Sorgen tragen in meiner Seele,
Kummer in meinem Herzen alle Tage?
Wie lange noch darf mein Feind über mich triumphieren?

Schau doch her, gib mir Antwort, EWIGER, du mein Gott!
Mach hell meine Augen, damit ich nicht im Tod erschlafe,

damit mein Feind nicht sagen kann:
„Ich habe dich überwältigt“,
und meine Gegner nicht jubeln, weil ich gestürzt bin.

Ich aber baue auf deine Liebe,
mein Herz soll jubeln über deine Hilfe.

Dem EWIGEN will ich singen,
weil er mir Gutes getan hat.


Musikstück

Aus „Pièces Dévotionelles“ (Andachtsstücke) – Dom Paul Benoît (1893–1979)

Ansprache – Bibeltext

Viele von uns haben in unserer Kindheit um Veränderung gebetet: Wir baten Gott um gute Noten in der Schule, die Heilung unseres Haustieres, den Schutz unserer Eltern. Wir hatten viele Wünsche.
 
Manche beten heute noch so und daran ist auch nichts Falsches. Wer wünschte dem Taubstummen nicht, dass er wieder sprechen und hören kann?

Viele Menschen haben aber auch die Erfahrung gemacht, dass ihr Gebet nicht erhört worden ist. Vergeblich baten sie um Gesundheit, Heilung oder die Wiederkehr des verlorenen Menschen.
Manche haben völlig ausgehört zu beten.

Es gehört vielleicht zu den schmerzhaftesten Erfahrungen der Reifung im Glauben, seinen Kinderglauben und sein kindhaftes Vertrauen zu verlieren, um wieder zu dem Vertrauen zu kommen, das ein Kind hat. Nur diesmal mit den Erfahrungen eines Erwachsenen.

Schön wäre es, wenn wir unserer Gebrechen geheilt bekämen. Doch so, wie in der Geschichte, die Markus erzählt, geschieht es nicht. Es geschieht anders.

Im Vater unser bitten wir: Dein Wille, Gott, geschehe. Damit vertrauen wir nicht auf den eigenen Willen, den eigenen Wunsch, sondern geben uns Gott völlig hin. Ähnlich, wie ein Kind sich seinen Eltern hingibt im Vertrauen, dass es sie es gut mit ihm meinen.

Die Bitte um Heilung heißt – modern gesprochen – die Bitte um die eigene Mitte. Lass mich Gott ganz bei mir sein, dann bin ich ganz bei dir. Lass mich das erleben und spüren. Schenke mir den inneren Frieden, der selbst in größter Not dich und meine inneren Kraft spüren lässt.

Nicht um Sprache und Gehör bitte ich, sondern um Frieden in mir, den ich nur in dir finden kann.

Musikstück

Aus „Pièces Dévotionelles“ (Andachtsstücke) - Dom Paul Benoît (1893–1979)

Ansprache – Hildegard von Bingen

Hildegard von Bingen hat diese Nähe zu Gott erfahren, aufgeschrieben und illustrieren lassen. Das Bild „Der Mensch im Kosmos“ liegt vor Ihnen.

Ein Mensch ist umgeben von sechs Kreisen.
Gehen wir von außen nach innen:
1. Ein Kreis von hellleichtendem Feuer
2. Ein Kreis von schwarzem Feuer
3. Ein Kreis aus blauem, reinem Äther
4. Ein Kreis aus wasserhaltiger Luft
5. Ein Kreis aus weißer, starker Klarluft
6. Ein Kreis aus einer dünnen Luftschicht mit Wolken

Diese Bild illustriert ihre Worte. Folgende Bedeutung haben die Kreise:
1. Die Macht Gottes umhüllt alles
2. Schweres gibt es auch
3. Umkehr ist möglich
4. Gute Werke waschen böses weg
5. Gutes bildet einen Ring gegen das Böse
6. Lebenskraft speist sich aus Demut und Sehnsucht

Alles ist miteinander verbunden.
Sterne, Tiere, Natur und Kosmos
Gott – er schaut quasi durch das Bild hindurch – ist immer da.

In der Mitte der Mensch, nicht Mann, nicht Frau
Er bildet das Kreuz der Nähe, des Umfangenseins von Gott

In der Mitte, die innere Mitte des Menschen.

„Die Gestalt der Welt existiert unvergänglich im Wissen der wahren Liebe, die Gott ist: unaufhörlich kreisend, wunderbar für die menschliche Natur und so, dass sie von keinem Alter aufgezehrt, aber auch nicht durch Neues vermehrt werden könnte, vielmehr so bleibt, wie Gott sie geschaffen hat, dauerhaft bis an das Ende der Zeit.
Die Gottheit ist in Ihrem Vorherwissen und Ihrem Wirken, gleich wie ein Rad, ein Ganzes, in keiner Weise zu teilen, weil sie weder Anfang noch Ende hat und von niemandem begriffen werden kann; denn sie ist ohne Zeit. … Die Heilige Gottheit … übertrifft alles.“ (Welt und Mensch, S. 37).

Musikstück

Aus „Pièces Dévotionelles“ (Andachtsstücke) – Dom Paul Benoît (1893–1979)

Fürbittengebet / Stilles Gebet / Vater unser

Abkündigungen

Segen

Orgelnachspiel

Menuet Gothique – Léon Boëllmann (1862–1897)


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